"Wir Menschen leben weit über die Belastungsgrenzen unseres Planeten hinaus", erklärt Hans Stegeman, Chefvolkswirt der Triodos Bank. "Die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklungen der letzten drei Jahre haben einmal mehr gezeigt, dass unser derzeitiges System nicht nachhaltig ist. Immer mehr Menschen erkennen die Notwendigkeit eines grundlegenden Wandels. Für eine lebenswerte Welt ist ein Strukturwandel hin zu einer nachhaltigeren Produktion und Nutzung von Energie, Nahrungsmitteln und anderen Ressourcen erforderlich. Unsere Aufgabe ist es, zur Finanzierung dieses Wandels beizutragen. Wir müssen auch unser soziales Miteinander stärken. Ein grundlegender Wandel kann nur wirksam werden, wenn er echte positive Veränderungen für die Gesellschaft mit sich bringt und wir weiterhin in das individuelle und kollektive Wohlergehen investieren. Unsere Impact-Vision gibt einen klaren Fahrplan vor, wie wir unser Ziel erreichen wollen."
Ein Leben in Wohlstand für die Menschen auf einem florierenden Planeten
Was genau streben wir an? Steht die Wirkung, die wir bisher erzielt haben, in Einklang mit unserer Vision? "Das sind Fragen, die wir uns bei unserer Wirkungsvision gestellt haben", erklärt Stegeman. Erstens hat sich die Außenwelt drastisch verändert. Wir sprechen oft über die größten Herausforderungen unserer Zukunft. Dazu gehören der Klimawandel, Ressourcenknappheit, Ungleichheit oder soziale Ausgrenzung. Selten reden wir jedoch über die dem zugrunde liegenden Faktoren. Finanzinstitute, die das Thema Nachhaltigkeit tatsächlich in ihre Unternehmenspolitik einbeziehen wollen, stehen vor einer fundamentalen Frage: Wie kann man diese grundlegenden Herausforderungen angehen? Stegeman: "Man kann nicht blindlings in alles investieren, was einen grünen Anstrich hat. Man muss eine klare Vorstellung davon haben, wie man auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaft vorankommt. Man muss wissen, welche Theorie des Wandels man verfolgt, um mit seinem Geld die größte Wirkung zu erzielen." Dies erfordert vorausschauendes Denken, das Festlegen strenger Grundsätze und klarer Verfahren. Denn man muss sicherzustellen, dass Nachhaltigkeit aktiv in alle Entscheidungen einbezogen wird.
Systemischer Wandel
Unsere Vision weist den Weg zu einem tiefgreifenden, systemischen Wandel. "Wir verschieben unsere Nachhaltigkeitsparameter nicht", beteuert Hans Stegeman. "Unsere Grundwerte sind die gleichen wie bei der Gründung der Bank vor mehr als 40 Jahren. Wir haben uns immer eine Welt vorgestellt, in der alle Menschen über die notwendigen Mittel und Ressourcen verfügen, um ein erfülltes Leben zu führen. Unsere Vision war schon immer eine Wirtschaft, die in Einklang mit der Natur steht, und nicht gegen sie arbeitet. Unsere Aktivitäten sind zukunftsorientiert. Wir verfolgen einen integrierten und ganzheitlichen Ansatz für die Veränderungen, die wir finanzieren wollen. Wir wollen sicherstellen, dass wir uns bei jeder Finanzierungs- und Investitionsmöglichkeit fragen: "Hat dieses Projekt ein transformatives Potenzial? Trägt es dazu bei, die Welt zum Besseren zu verändern? Wenn die Antwort auf diese Fragen positiv ausfällt, möchte die Triodos Bank solche Ideen und Initiativen unterstützen."
Fünf Transformationsbereiche
"Transformation ist ein Prozess mit verschiedenen Veränderungen, oder Übergangsphasen", erklärt Stegeman. "Solche Umbrüche gab es schon früher. Wir haben selbst schon einige erlebt. Man denke nur an die fortschreitende Digitalisierung der letzten Jahrzehnte. Übergangsprozesse finden selten isoliert statt. In der Regel erfolgen mehrere Veränderungen parallel. In ihrer Kombination können sie die Art und Weise wie wir leben, erheblich verändern und umgestalten. Dies erfordert eine bewusste und zielgerichtete Herangehensweise: Ursachen, die das System langfristig nicht tragfähig machen, müssen beseitigt werden. Außerdem müssen die daraus resultierenden Folgen, wie Kohlenstoffemissionen und Ungleichheit, reduziert werden."
"Wir haben fünf Transformationsbereiche identifiziert. Sie betreffen die Bereiche Ernährung, Energie, Soziales, Ressourcen sowie individuelles und kollektives Wohlbefinden", so Investment-Strategin Federica Masut. "Diese Transformationsbereiche sind miteinander verknüpft und ergänzen sich gegenseitig. Denken Sie zum Beispiel an den Zusammenhang zwischen individuellem Wohlbefinden und unserer Ressourcennutzung. Die Mainstream-Ökonomie hat Wohlbefinden lange Zeit als 'Nutzen' definiert, was im Wesentlichen bedeutet: mehr konsumieren, sich besser fühlen. Glücklicherweise wird diese Sichtweise zunehmend in Frage gestellt. Wenn es uns gelingt, unsere Definition von Wohlbefinden so zu erweitern, dass sie auch immaterielles Wohlbefinden einschließt, und wenn wir aufhören, die Menschen als "Konsumenten" zu betrachten, sollte auch der Druck abnehmen, den wir durch die Ressourcenausbeutung auf unseren Planeten ausüben. Alles, was wir tun, sei es durch Kreditvergabe oder durch Investitionen und Finanzierungen, zielt darauf ab, zu diesen fünf Transformationen beizutragen".
Wie fließt nun die Imapct-Vision in die Aktivitäten der Triodos Bank ein? In einigen Bereichen hat die Triodos Bank ihren Schwerpunkt bereits verlagert. Stegeman: "Im Energiesektor zum Beispiel sind große Solar- und Windprojekte in Europa für uns weniger interessant geworden. Wir finanzieren sie zwar immer noch, aber es gibt genügend andere Investoren. Solche Projekte sind eher in den Schwellenländern relevant, die massiv auf erneuerbare Energien umsteigen müssen und noch eine Finanzierungslücke haben. In Europa konzentrieren wir uns jetzt mehr auf Unternehmen, die die Energiewende auf andere Weise beschleunigen, wie z. B. Batteriehersteller oder Anbieter intelligenter Energietechnologien."
Auswirkung auf die gesamte Branche
Indem die Triodos Bank die fünf Transformationsbereiche und ihre Zusammenhänge deutlich macht, schafft sie die Voraussetzung für eine konzernweite Strategie, die diese bestmöglich unterstützt. Alle Einheiten der Triodos Bank - von den Bankaktivitäten in verschiedenen Ländern über Triodos Investment Management bis zum Triodos Regenerative Money Centre - teilen dieselbe Zukunftsvision und stellen die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten. "Wir sind derzeit dabei, diese Vision in eine konkrete Strategie für alle Einheiten der Triodos Bank zu übersetzen", erklärt Masut. "Dies wird es uns ermöglichen, unsere Arbeit besser zu koordinieren und Synergien zu schaffen, wo immer dies innerhalb unserer Organisation und mit externen, gleichgesinnten Akteuren möglich ist. Mit den verschiedenen Finanzinstrumenten, die uns zur Verfügung stehen, finanzieren wir Innovation, Wachstum, Konsolidierung und die umfassende Etablierung nachhaltiger Problemlösungen. Unsere Kunden vertrauen der Triodos Bank ihr Geld an. Wir wollen ihren Erwartungen gerecht werden, indem wir es bewusst und effizient einsetzen, um eine spürbare, positive Wirkung zu erzielen. Darüber hinaus setzen wir auf Lobbyarbeit und wollen eine Vordenkerrolle einnehmen. Wir möchten Ideen verbreiten und bewährte Praktiken im Bereich nachhaltiger Finanzen weitergeben", fügt Masut hinzu.
"Der Finanzsektor kann bei dem von uns angestrebten Wandel eine entscheidende Rolle spielen", so Stegeman abschließend. "Ob und wie der Finanzsektor diese Herausforderung annimmt, kann jedoch sehr unterschiedlich sein. Das Risiko des Scheiterns ist nicht ausgeschlossen." Doch wir brauchen einen radikalen Wandel, und wir können ihn nicht allein bewältigen. Sind unsere Ambitionen zu hoch? Vielleicht. Es kann sein, dass wir nicht alles erreichen. Aber es steht zu viel auf dem Spiel, als dass wir uns scheuen sollten. Also, keine Ausreden mehr. Auf geht's!"
Weitere Informationen zu der Impact Vision:
Das ausführliche Impact Vision Paper (englischsprachig) finden Sie unter folgenden Link unter Downloads/Strategiepapiere: “Vision Paper – Regenerative Economy”, sowie eine Kurzfassung unter demselben Pfad unter “Impact Vision”.
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