Viele europäische Staats- und Regierungschefs machen gerade genau davon Gebrauch. Sie setzen nationale Ausnahmeregelungen in Kraft, geben neue Verteidigungsanleihen aus und lenken Mittel aus dem EU-Haushalt um. Insgesamt sprechen wir von rund 800 Milliarden Euro, die nun gemeinsam in die schnelle Aufrüstung Europas fließen.
Wenn Regierungen Waffen kaufen, behalten sie auch die Kontrolle darüber. Sie wissen, wo diese tödlichen Güter gelagert, transportiert und eingesetzt werden. Sie entscheiden, in welche Waffensysteme investiert wird – und welche ausgeschlossen sind. So verbietet das humanitäre Völkerrecht etwa den Einsatz von Atomwaffen, biologischen oder chemischen Waffen sowie anderer Mittel, die unverhältnismäßig wirken oder keine Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Zielen ermöglichen. Und wenn ein Krieg – oder die Bedrohung eines solchen – vorbei ist, entscheiden Regierungen, was mit den verbleibenden Waffen geschieht. Auch das ist essenziell.
Es ist richtig, dass unsere demokratisch gewählten Regierungen diese Verantwortung übernehmen. Sie handeln im Namen der Bürger*innen und müssen sich für ihre Entscheidungen verantworten. Die Waffen werden über Schulden und Steuergelder finanziert – ein weiterer Anreiz, Konflikte so schnell und friedlich wie möglich zu beenden.
Ganz anders sieht es aus, wenn private Investor:innen in Waffenhersteller investieren. Dann geht es vor allem um eines: Gewinne für Aktionäri:nnen. Wir dürfen nicht ignorieren, dass Hersteller von Waffen – und ihre Geldgeber – von Konflikten profitieren. Es ist ihr Geschäftsmodell.
Im Gegensatz zu Regierungen haben Waffenhersteller (und deren Investor:innen) ein handfestes wirtschaftliches Interesse daran, Bedrohungen zu dramatisieren, mehr Waffen zu verkaufen und Kriege möglichst lange am Laufen zu halten. Und wenn ein Krieg endet, suchen sie sich neue Absatzmärkte. Sie verdienen an Kriegen – und das ist ein gefährlicher Anreiz. Wer als privater Investor in diese Branche einsteigt, trägt diesen Anreiz mit. Vor allem mittel- und langfristig orientierte Anleger:innen profitieren von jahrzehntelangen Konflikten. Genau das widerspricht dem Ziel, den Frieden wiederherzustellen.

Private Investor:innen haben außerdem kaum Transparenz darüber, welche Waffen sie indirekt mitfinanzieren – geschweige denn, gegen wen sie eingesetzt werden. Die Waffenbranche gehört zu den intransparentesten der Welt – besonders auf dem Zweitmarkt. Hier ist es geradezu fahrlässig, auf Annahmen zu vertrauen.
Denn Waffen wechseln die Hände – und landen oft dort, wo sie großen Schaden anrichten. Terrorismus, Zerstörung, zivile Opfer: Auch wenn Investor:innen glauben, zur europäischen Verteidigung beizutragen, könnten sie in Wahrheit Schulmassaker, Kriegsverbrechen oder andere Gräueltaten mitfinanzieren. Niemand kann mit Sicherheit sagen, wie, wo oder von wem diese Waffen am Ende eingesetzt werden.
So surreal es für uns in Europa klingen mag: In den USA können Bürger:innen beim Wocheneinkauf im Supermarkt Waffen kaufen – halbautomatische Gewehre, Pistolen, Sturmgewehre. Kein Wunder, dass solche Waffen bei Massenschießereien regelmäßig im Einsatz sind. Das ist die bittere Realität, wenn Waffen rein wirtschaftlichen Interessen folgen. Und ganz sicher ist es nicht das, was europäische Rentenfonds oder nachhaltige Anleger:innen unterstützen wollen – im Gegenteil.
Das Geld privater Investor:innen kann auch zur politischen Einflussnahme missbraucht werden. Allein 2024 haben Rüstungsunternehmen über 148 Millionen US-Dollar an amerikanische Politikeri:nnen gespendet – um politische Entscheidungen zu beeinflussen und lukrative Aufträge zu sichern. Obwohl nur 6 % der Bevölkerung hinter Pro-Waffen-Gruppen wie der NRA stehen, haben diese eine enorme Macht. Das untergräbt die Demokratie – genau das, was wir eigentlich schützen wollen.
Wer in Waffenhersteller investiert, hat keine Kontrolle darüber, was mit seinem Geld geschieht. Das widerspricht dem wichtigsten Grundsatz des Investierens: „Wissen, worin man investiert.“ Für nachhaltige Investor:innen ist das doppelt problematisch, denn der Zweck von Waffen – Zerstörung und Tod – ist das Gegenteil dessen, was Nachhaltigkeit oder ESG anstreben.

Gerade in geopolitisch angespannten Zeiten sollten Regierungen die Kontrolle über die Rüstungsindustrie behalten. Nachhaltige Investor:innen hingegen haben eine andere Rolle: Sie sollten in eine Gesellschaft investieren, die Lebensqualität schafft, auf Menschenwürde basiert – und kriegszerstörte Länder wie die Ukraine beim Wiederaufbau unterstützt. Darin liegt ihr langfristiger Wert.
Als Investor:innen und Mitmenschen möchten wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen!
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