Von den Überschwemmungen in Pakistan im Jahr 2022 waren rund 33 Millionen Menschen betroffen. Die Bedürftigsten verloren Einkommen und Besitz und litten unter dem Ausbruch diverser Krankheiten. Mehr als 8,5 Millionen Menschen fielen unter die Armutsgrenze. Der Anteil Pakistans an den weltweiten Treibhausgasemissionen beträgt aufgrund seines frühen Entwicklungsstadiums nur 0,8 Prozent. Sein Einfluss auf die globale Erwärmung ist noch geringer. Während der Klimawandel zu immer mehr Katastrophen führt, brauchen gerade ärmere Schwellenländer wie Pakistan mit einem kleinen CO2-Fußabdruck dringend Mittel, um die nächste Katastrophe zu verhindern. Gleichzeitig müssen sie auf sauberere Energiequellen umsteigen. Doch wie weit sie angesichts ihrer hohen Verschuldung gehen können, ist ungewiss.

Die Schwellenländer sind zum Brennpunkt der Klimaanfälligkeit geworden. Es besteht kein Zweifel: eine Anpassung an den Klimawandel sowie die Mobilisierung von Kapital zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen sind unerlässlich! Die globale Dimension der Energiewende erfordert jedoch, dass soziale Inklusion und Einkommensungleichheit bei der Wahl von Politiken und Investitionen in saubere Energien berücksichtigt werden. Klimagerechtigkeit ist eine Notwendigkeit und kann nur erreicht werden, wenn sich alle daran beteiligen. Vor allem darf sie nicht auf Kosten untragbarer Schulden oder steigender Inflation in den ärmsten Ländern gehen.

Zweifellos ermöglicht die Energiewende in den Schwellenländern eine schrittweise Demokratisierung der Energie indem ihre Erzeugung und Verteilung dezentralisiert werden. Dadurch wird Energie für Privathaushalte und Unternehmen zwar bezahlbarer, die Energienachfrage wird aber weiterhin enorm steigen. Dies gilt vor allem in Ländern mit niedrigem Einkommen, die sich in einem frühen Entwicklungsstadium befinden und große Energiedefizite aufweisen. Diese Länder verfügen nur über begrenzte Ressourcen und haben zudem mit Gesundheitsproblemen, Armut, Ernährungsunsicherheit und großen Unterschieden zwischen ländlichen und städtischen Gebieten zu kämpfen. Vor diesem Hintergrund muss eine gerechte Energiewende diese unbefriedigte Nachfrage berücksichtigen. Dies erfordert ein Umdenken im Umgang mit Energiesubstitution, Finanzierung und Verschuldung. Um einen nachhaltigen Entwicklungspfad für ärmere Länder zu ermöglichen sind zudem auch integrative Versorgungsketten notwendig.

Energie-Inklusion richtig angehen

Um den Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien effektiv zu gestalten, müssen wir saubere Energiequellen entwickeln, sie für die ärmsten Bevölkerungsschichten verfügbar und bezahlbar machen und gleichzeitig den Prozess inklusiv gestalten.

In der Vergangenheit hat sich die Energiewende über extrem lange Zeiträume vollzogen, ohne dass der Integration von Energie eine Priorität eingeräumt wurde. Zudem hat die Energiewende eher zu einer Zunahme als zu einer Substitution geführt (siehe Grafik), da die Nutzung der größten CO2-Emittenten Kohle und Öl nicht wirklich zurückgegangen ist. Seitdem Öl die Kohle als wichtigste Energiequelle abgelöst hat, hat sich der weltweite Kohleverbrauch sogar fast verdreifacht und ist nicht, wie erwartet, verschwunden.

Der Aufstieg der Schwellen- und Entwicklungsländer, insbesondere in den letzten Jahrzehnten, hat zu einem Anstieg des Anteils der Kohle am Endenergieverbrauch geführt. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften ist die Nachfrage nach Kohle während der jüngsten Energiekrise sogar gestiegen, trotz der bekanntermaßen höheren Gesundheits- und Umweltkosten.

Diese schwierigen Veränderungen deuten darauf hin, dass die Energiewende umfassendere Entwicklungsstrategien erfordert, die über den bloßen Übergang zu erneuerbaren Energiequellen hinausgehen. Niemand sollte bei der Befriedigung der potenziellen Nachfrage zurückgelassen werden. Außerdem sollte Nachhaltigkeit ernsthaft in faire Lieferketten, Finanzierung und Mineralienmanagement integriert werden. 

Es gibt mehrere Faktoren für eine integrative Entwicklung, die für den Erfolg einer Energiewende entscheidend sein können:

 

Deckung der Energienachfrage

Eine große Gruppe von Schwellenländern hat unterentwickelte Energiesysteme. Viele afrikanische Länder südlich der Sahara sind kaum in der Lage, den heutigen Strombedarf zu decken, und schon gar nicht den erwarteten zukünftigen. Saubere Energie kann hier einen Unterschied machen. Sie wird dort erzeugt, wo sie verbraucht wird. Sie ermöglicht den Privaten Verbrauchern wie Unternehmen und lokalen Gemeinschaften einen direkten Zugang zu bezahlbaren Preisen. In den letzten Jahren sind Wind- und Solarenergie pro Energieeinheit wesentlich billiger geworden als Kohle. In Indien hat dies dazu beigetragen, dass die für den Zeitraum 2018-2040 prognostizierte Abhängigkeit von Kohle von 80 % auf nur noch 10 % reduziert werden konnte.

Nachhaltigkeit in den Investmentprozess einbeziehen

Die Erzeugung und Verteilung erneuerbarer Energien muss sorgfältig überwacht werden. Es ist hilfreich, wenn sich Impact Investoren bei der Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Projekten zu einer strengen Due-Diligence-Prüfung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) verpflichten.

Gleichheit in den Lieferketten

Da die Energiewende eine große und kontinuierliche Versorgung mit seltenen Mineralien wie Kupfer, Lithium und Kobalt erfordert, besteht ein erhebliches Risiko, dass das Angebot hinter der Nachfrage zurückbleibt. Viele dieser Mineralien werden hauptsächlich von einigen wenigen Schwellenländern geliefert (siehe Tabelle). Da Angebot und Nachfrage bereits jetzt auseinanderklaffen, funktioniert der Markt zunehmend nach dem Prinzip "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst".

Ohne eine angemessene Marktregulierung und -koordinierung können die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen eines solchen Lieferkettenmechanismus mehr Schaden als Nutzen anrichten. Westliche Länder, die Bergbauaktivitäten finanzieren oder neue Märkte (nicht nur in Europa) erschließen wollen, sollten eine Führungsrolle bei der Schaffung von Standards für einen fairen globalen Mineralienmarkt übernehmen. Sie sollten somit dazu beitragen, die wachsende Zahl potenzieller Kontroversen über schlechte Arbeitsbedingungen zu reduzieren. Idealerweise sollten sich auch andere Mineralienlieferanten wie China und Russland daran beteiligen, was angesichts der derzeitigen geopolitischen Zersplitterung jedoch eher unwahrscheinlich ist. Wenn diese Standards nicht geschaffen werden, kann dies zu unfairem Wettbewerb und nicht erfüllten Arbeitsanforderungen führen, was wiederum zu Unterbrechungen in der Lieferkette und zu Engpässen führen kann. Der Preisdruck dieser Ressourcen dürfte vor allem die Länder treffen, die noch am Anfang stehen und daher jede Form von erneuerbaren Energien nutzen müssen, die ihnen zur Verfügung stehen.

Management unerwarteter Gewinne aus Mineralexporten

Gleichzeitig werden mineralproduzierende Länder, die nicht in der Lage sind, die unerwarteten Gewinne aus dem Mineralienboom zu verwalten, wahrscheinlich mit Verzerrungen in ihren Volkswirtschaften konfrontiert sein, wie es bei früheren Rohstoffbooms der Fall war. Dies wiederum könnte die Energiewende insgesamt behindern. Mineralproduzierende Länder sollten darüber nachdenken, wie sie ihre Einnahmen und Ressourcen auf der Grundlage langfristiger Nachhaltigkeitsziele einsetzen.. Die Demokratische Republik Kongo (DRK) liefert fast drei Viertel des weltweiten Kobaltangebots und erzielt 95 Prozent ihrer Exporteinnahmen aus dem Bergbau. Chinesische Unternehmen sind die größten Investoren im kongolesischen Bergbausektor. Diese Partnerschaft bereitet uns Sorgen über die Auswirkungen dieser Bergbauprojekte auf die Umwelt, die Gesellschaft und die Regierungsführung sowie über die Stabilität der Lieferketten und die Preisvolatilität. Darüber hinaus ist der fiskalische Rahmen der Demokratischen Republik Kongo noch nicht darauf vorbereitet, die Umverteilungseffekte dieser unerwarteten Gewinne in guten Zeiten zu unterstützen.

Steuern mit sozialen Zielen

Die Energiewende in einigen der fossile Brennstoffe produzierenden Schwellenländern bedeutet eine Verlagerung dieser Aktivitäten hin zu den aufkommenden erneuerbaren Energien. Dies führt nicht nur zu einem Verlust einer wichtigen Einnahmequelle für die öffentliche Hand, aber auch zum Verlust von Arbeitsplätzen in diesem Sektor und den damit verbundenen Aktivitäten. Wenn die Energiewende nicht richtig organisiert wird, kann der Verlust von Arbeitsplätzen im fossilen Energiesektor leicht zu sozialen Unruhen führen. Um dies zu vermeiden, ist eine sorgfältige Analyse der freiwerdenden Arbeitsplätze und der in der neuen Situation benötigten Qualifikationen und Arbeitskräfte erforderlich. Das Timing ist entscheidend, denn es ist erwiesen, dass ein schrumpfender fossiler Energiesektor ein noch schnelleres Wachstum des Sektors der erneuerbaren Energien erfordert, um die sozialen Auswirkungen zu begrenzen. Wenn es uns gelingt, diese Probleme richtig anzugehen, wird die Energiewende auch die soziale Eingliederung und Entwicklung fördern.

Die richtige Finanzierung

Ein weltweites Finanzierungsmodell für arme Länder ist erforderlich, um das Risiko auf alle Investoren zu verteilen und in aufstrebenden Märkten Kapital freizusetzen. Dieses Kapital kann in erneuerbare Energien Projekte investiert werden. Dies würde die Transitionsstrategie stärken, insbesondere in einem schwierigen Umfeld mit hohen Zinsen.

Die Erhöhung des Kapitals für Erneuerbare-Energien-Projekte ist von entscheidender Bedeutung, da die Finanzierungsquellen nach wie vor begrenzt sind. Insbesondere die Unterstützung durch die Regierungen der Industrieländer hinkt hinterher: Nur ein kleiner Teil wird in Schwellenländern investiert, und ein noch kleinerer Teil fließt in erneuerbare Energien im Vergleich zu Klimaschutzprojekten. Auf die Schwellenländer (ohne China) entfällt derzeit nur ein Drittel der weltweiten Energieinvestitionen und ein noch geringerer Anteil von 20 Prozent der Investitionen in saubere Energien. Und die mehr als 750 Millionen Menschen, die keinen Zugang zu Strom haben, weil sie in Armut oder an der Armutsgrenze leben, haben kaum Zugang zu Finanzmitteln.

Hohe Renditen (Risikoprämien) sind ein Hindernis für die private Außenfinanzierung. Die Investoren verlangen hohe Renditen, um die Risiken einer Investition in einem Land mit schwierigen makroökonomischen Rahmenbedingungen und schwachen Institutionen auszugleichen. Diese Länder weisen bereits eine hohe Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) und knappe Budgets auf. Mit dem Anstieg der Zinssätze haben sich die Finanzierungskosten deutlich erhöht. Infolgedessen sind die nominalen Finanzierungskosten in einigen Schwellenländern bis zu fünfmal so hoch wie in den USA und Europa. Dies spiegelt die Risiken aufgrund der schlechten Kreditratings wider (siehe Grafik).

Daher muss die Finanzarchitektur für erneuerbare Energien mit einer anderen Denkweise angegangen werden. Es sollten mehr Maßnahmen ergriffen werden, um die Auswirkungen von Kohlenstoffemissionen und den Nutzen erneuerbarer Energien in private Investitionsentscheidungen zu integrieren. Dies sollte auf der Grundlage eines ganzheitlichen Risiko-Rendite-Profils erfolgen. Für Impact Investoren kann die Darstellung der Vorteile kohlenstoffarmer Investitionen im Hinblick auf Impact-Ziele und sozialen Wohlstand die Attraktivität von Investitionen in solche Projekte erhöhen.

Wir können es uns nicht länger leisten, dass sich Klimaschocks und Verschuldung in einer Abwärtsspirale gegenseitig verstärken und einen Großteil der Welt in Mitleidenschaft ziehen. Um alle Länder einzubeziehen, muss die Energiewende global und nicht länderspezifisch erfolgen. Dabei muss der Entwicklungsstand jedes Landes berücksichtigt werden, und die Welt muss anhand von Standards gemessen werden, die den Anforderungen entsprechen. Dies ist der richtige Weg, wenn wir eine nachhaltige Energiewende wollen, die besser für den Planeten ist und auch die ärmeren Länder einbezieht.