Mit der rasanten Digitalisierung und Technisierung der Arbeitswelt geht die Angst vor Arbeitsplatzverlusten einher. Wird unsere Arbeitskraft künftig noch gebraucht? Können wir in einem anderen Bereich Arbeit finden oder ist es vielleicht an der Zeit für ein ganz anderes ökonomisches System, in dem die Erwerbsarbeit nicht im Zentrum steht?
Hier kommt das bedingungslose Grundeinkommen ins Spiel. Es sieht vor, die Lebensgrundlage aller Menschen zu sichern – ohne dass sie dafür arbeiten gehen müssten. Die gesellschaftliche Debatte um das Konzept nimmt an Fahrt auf. In der Schweiz scheiterte im Sommer zwar eine Volksabstimmung zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, sie gab dem Diskurs um das Thema aber einen ganz neuen Schub. Finnland führte einen Test des Konzeptes Anfang dieses Jahres ein, im niederländischen Utrecht wird damit experimentiert. Spannend ist auch die Initiative „Mein-Grundeinkommen“ die regelmäßig Grundeinkommen von € 1.000,- für ein Jahr verlost. Aus der Wirtschaft erhält die Idee zudem immer mehr Unterstützung.
Was ist davon zu halten? Ein bedingungsloses Grundeinkommen dürfte auf keinen Fall eine neoliberale Mogelpackung sein, die darauf abzielt Sozialleistungen zu kürzen und durch ein niedriges Grundeinkommen zu ersetzen. Unternehmen dürften dadurch nicht aus der Verantwortung für ihre Mitarbeiter genommen werden. Arbeitsrechte dürften nicht infrage gestellt und Lohndumping nicht ausgebaut werden. Würde die Idee in dieser Form eingeführt, wäre es ein Rückschritt.
Richtig eingesetzt könnte das Grundeinkommen dagegen Motor für den positiven Wandel unseres ökonomischen Systems sein. Denn es setzt Potentiale bei den Menschen frei, die sie sonst für die Erwerbsarbeit nutzen müssen. Viele Kritiker eines bedingungslosen Grundeinkommens behaupten, die Menschen würden dadurch faul. Sie würden die Füße hoch legen und hätten keinen Anreiz mehr sich für etwas einzusetzen. Davon bin ich nicht überzeugt. Ich denke, der Großteil der Menschen würde die neu gewonnene Freiheit nutzen und sich produktiv in unsere Gesellschaft einbringen.
Warum ich das glaube? Weil ich es täglich erlebe. Unsere Kunden, die Kunden der Triodos Bank, wollen mit dem Geld, das sie uns anvertrauen, die Welt verändern. Sie wollen, dass damit erneuerbare Energie gefördert, Pflegeheime und Schulen gebaut oder die biologische Landwirtschaft ausgebaut wird. Sie wollen mit uns die Gesellschaft positiv verändern. Und es werden immer mehr.
Über die Finanzierung des Grundeinkommens wird heftig gestritten. Es lasse sich niemals realisieren, bemängeln Kritiker. Viele Studien gehen vom Gegenteil aus. Ob über die Zusammenführung aller Sozialleistungen zu einer Quelle oder über Steuern, es gibt viele Umsetzungsmöglichkeiten für ein Grundeinkommen, die auch schon durchgespielt wurden. Mir scheint seine Realisierung ist weniger eine Frage der Ökonomie denn der Politik.
Die Unzufriedenheit mit unserem heutigen Wirtschaftssystem ist groß. Die Ungleichheit in den Gesellschaften wächst – wie nicht zuletzt die Arbeit des Ökonomen Thomas Piketty belegt hat. Die Schere zwischen Arm und Reich geht schneller auf als noch vor 20 Jahren. Die konventionellen Banken sind ein Teil des Problems. Viel zu viel Geld fließt in die Finanzmärkte, viel zu wenig in die Realwirtschaft. Auch deshalb kommen die Menschen zu uns und anderen Nachhaltigkeitsbanken, weil wir es anders machen.
Der Wille etwas zu verändern ist da.
Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen wachsen die Chancen für die einzelnen Menschen, die Vorsätze auch umzusetzen. In diesem Sinne könnte es der Motor für den Wandel zu einer Ökonomie sein, die unsere Gesellschaft wieder gerechter macht. Eine Ökonomie, in der nicht die Gewinnmaximierung im Fokus steht, sondern das Wohl von Mensch, Tier und Umwelt. Viele Umfragen zeigen, dass die Menschen genau das wollen. Schlicht an der Umsetzung in großem Stile mangelt es. Es passiert zwar viel, aber nicht genug. Das bedingungslose Grundeinkommen könnte dies ändern. Es setzt Ressourcen frei. Spannend wird sein, was die ersten Evaluationen der Experimente in Finnland und den Niederlanden ergeben. Schon bald werden wir mehr wissen.
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