Unfassbar hohe Summen fließen in schädliche Industrien und fossile Brennstoffe. Kurzfristige Profite werden auf Kosten von langfristigen Werten gemacht. Vermögen strömt in die Sekundärmärkte und zementiert die Ungleichheit. Dies sind nur wenige Beispiele, die veranschaulichen, dass ein Großteil des von der Finanzwirtschaft bewegten Geldes sehr wenig mit der Realwirtschaft zu tun hat.
Und wenn er etwas damit zu tun hat, wird dies meistens ohne Rücksicht auf die Wirtschaft getan, die wir in Zukunft haben wollen. Je genauer wir hinsehen, desto deutlicher wird klar, wie viel an der Art wie die Finanzindustrie Werte für wenige schafft und für viele abbaut, neu gedacht werden muss. Impact Investing hat die Absicht Kapitalanlagen, die momentan Teil des Problems sind, stattdessen zu einem Teil der Lösung zu machen.
Kurzfristige Profite vs. langfristiger Wandel
Wenn wir die spekulativsten Ansätze außer Acht lassen, ist der Investmentansatz von traditionellem nachhaltigem Investment nicht sonderlich komplex: Während die angewandten Tools und die Finanzanalysen sehr komplex wirken, gehen die Absichten der Investor:innen am Ende nicht über die Suche nach kurzfristigen risikominimierten Profiten hinaus. Nachhaltigkeitsbedenken werden lediglich in kurzfristige finanzielle Risiken übersetzt.
Dieser Ansatz mit dem Fokus auf kurzfristige Gewinne hat die Branche über die Jahre geprägt. Jedes Finanzinstitut ist betroffen und auch limitiert durch konkrete Gewinnerwartungen. Gleichzeitig hat diese Tatsache auch deutlichen Einfluss auf die Entscheidungsprozesse. Banken sehen sich gezwungen, den Vorlieben der Investor:innen nachzukommen, was oft dazu führt, dass langfristige Nachhaltigkeit auf der Strecke bleibt. Es handelt sich um ein eingefahrenes System mit eingespielten Mechanismen. Es braucht erheblichen Aufwand und einigen Mut, um den nötigen U-Turn einzuschlagen.
Aber wir kommen um diesen U-Turn nicht herum. Beginnend mit einer bewussteren Kapitalverteilung und konservativeren Profiterwartungen. Die Impactinvesting-Bewegung startet gerade die ersten Schritte in eine neue Richtung. Während sie immer noch im Rahmen der Profiterwartungen des Marktes arbeitet, wägen Impactinvestor:innen aktiv Risiken und Chancen vor dem Hintergrund eines langfristigen Investments heute für positiven Wandel morgen ab.
Eines ist klar: Das ist kein kompletter „Game Changer“, aber es ist ein erster entscheidender Schritt in Richtung einer radikalen Veränderung in der Finanzindustrie, um dann endlich durch Investments Positives zu erreichen. Wie Tim Jackson, Wirtschaftswissenschaftler und Professor für Nachhaltige Entwicklung, kürzlich in einem Gespräch mit dem Chief Investment Strategist von Triodos Inbvestment Management, Hans Stegeman, anmerkte, braucht das gesamte Konzept von Investment eine Neuausrichtung. Wir sollten uns von der Idee des Investments als reinem Weg zur Erzielung von Gewinnen verabschieden und Investment stattdessen als „Verpflichtung für die Zukunft“ sehen.
Die richtigen Stakeholder
Sich für die Zukunft zu verpflichten, bedeutet auch neu zu überlegen, wer die Stakeholder wirklich sind, gegenüber denen sich Finanzinstitute verpflichtet fühlen sollten. Während sich die Banken generell ihren Aktionär:innen und Kund:innen gegenüber verpflichten, spiegelt diese Sichtweise nicht den breiteren Einfluss wieder, den Investmententscheidungen auf wirtschaftliche Dynamik, die Gesellschaft und die Umwelt haben.
Die richtige Richtung
Den Zeithorizont von Investments zu verlängern und die Anzahl der Stakeholder gemäß der „Versprechen für die Zukunft“ zu erweitern, bereichern Investments um eine weitere Dimension, die erst wenige Investor:innen bedenken und berücksichtigen. Wie genau sieht positiver Wandel aus? Wie genau eine nachhaltige Wirtschaft, die für alle funktioniert? Und, wenn es nicht (nur) um Gewinne geht, warum genau sollten wir dann investieren?
An dieser Stelle kommen die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (UN) ins Spiel. Verabschiedet 2015, sind diese Ziele Aufruf zum Handeln an alle wirtschaftlichen Akteurinnen und Akteure die zahlreichen Herausforderungen anzugehen, die der Menschheit bevorstehen. Sie sind keine Roadmap, sondern lassen Raum für verschiedene Herangehensweisen und Lösungen. Impactinvesting fordert daher die Banken und Investor:innen auf, explizit zu sein und ihre Einstellung zur nachhaltigen Wirtschaft öffentlich zu äußern.
Und während sie anerkennen, dass Bewusstsein und Wissen über Nachhaltigkeit konstant wachsen und dass Nachhaltigkeit abhängig vom Kontext verschiedene Formen und Prioritäten annehmen kann, müssen Impactinvestorinnen und -investoren sich auf ein robustes Wertesystem verlassen können, ein Referenzsystem innerhalb dessen Koordinaten definiert und eine klare Richtung für zukünftige Ziele vorgegeben werden können. Ein solches System kann nicht über Nacht geschaffen werden.
Die richtigen Tools
Alles in allem ist Impactinvesting mehr als Kapitalanlage mit positiver Auswirkung. Es geht um die Nutzung von Finanzinstrumenten und Stewardship, also intensiver Kontakt mit den Investorinnen und Investoren, um einen Systemwandel herbeizuführen. Im Podcast von Triodos IM, nennt Bill Burckart dieses System Level Investment.
Es beginnt mit der Benennung eines systemischen Problems, z.B. Klimawandel oder Ungleichheit. Von da an setzt der oder die Investor:in Ziele und legt Schwerpunkte fest (zum Beispiel für Klimaziele, Mindestlöhne oder finanzielle Inklusion).
Impactinvestor:innen müssen eine klare Vision der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft haben. Sie müssen die Beteiligungsgesellschaften in diese Richtung lenken durch direkte und indirekte Engagements mit Unternehmen, indem sie ihre Aktionärsstimmrechte nutzen und sich direkt bei Unternehmen engagieren auch durch öffentliche Stellungnahmen. Außerdem wird es bei ihnen zum Standard einen systemischen Ansatz für das Investment zu nutzen. Das bedeutet, dass sie Investmentoptionen auf einem systematischem Level beurteilen indem sie die Auslöser beachten, die systemische, paradigmatische Veränderungen bedingen und außerdem beobachten, welche Aktivitäten positive nachhaltige Trends auslösen und verstärken können.
Ein gutes Investment
Es gibt die dringende Notwendigkeit die heutigen Investmentpraktiken zu überdenken und eine wachsende Anzahl von Tools zu nutzen, um dies zu erreichen. Die Zusammenarbeit mit dem Finanzsystem als integralem Bestandteil unserer Wirtschaft ist wichtig. Genauso ist es wichtig, sich der umfassenden Auswirkungen und Verantwortung bei der Kapitalanlage bewusst zu sein. Das sind erste Schritte, Kapitalanlagen und Investments nachhaltiger und zukunftsorientierter zu machen.
Kapitalanlagen sind ein machtvolles Instrument und sie sollten mehr tun als unseren Kontostand zu erhöhen: Positiven Wandel unterstützen und so auch auf nicht finanziellem Gebiet überzeugen (sozial und umweltverträglich). Die Schaffung einer widerstandsfähigen, nachhaltigeren und integrativeren Wirtschaft ist übrigens ein gutes Investment.
Über ESG hinaus
Investor:innen berücksichtigen zunehmend die Faktoren Umwelt, Soziales und Unternehmensführung in ihren Investitionsentscheidungen, was im Allgemeinen "ESG Investment" genannt wird. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Impact Investment und ESG Investment, und genau das ist der Grund warum wir denken, dass ESG Investment nicht gut genug ist. Durch einen „Best-in-Class“ Ansatz oder die Berücksichtigung von ESG-Faktoren beim Investmentprozess mögen Investor:innen in der Lage sein zu entscheiden, ob ein Unternehmen besser als ein anderes im direkten Vergleich ist. Das bringt uns aber nicht unbedingt näher an die Wirtschaft oder Gesellschaft, die wir für die Zukunft haben wollen. Wenn wir weiterhin in die „nachhaltigsten“ Waffenproduzenten investieren, wie erreichen wir dann eine Gesellschaft, in der Waffen keine Rolle spielen? Relativ besser zu werden, bedeutet nur ein bisschen weniger schlecht zu sein, was eindeutig nicht gut genug ist. Impactinvesting geht einen Schritt weiter, indem es sich auf die Lösung der wichtigsten Nachhaltigkeitsprobleme der Welt fokussiert und sich daher bemüht absolut gesehen Gutes zu tun.
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