Nachhaltige Geldanlage ist nicht gleich nachhaltige Geldanlage: Die Unterschiede zwischen den bekannten Strategien sind enorm. Wir klären auf, was sich hinter den Begriffen verbirgt.

ESG-Investing

Das Kürzel ESG steht für E (Environment/Umwelt) S (Social/Soziales) G (Government/Unternehmensführung). ESG-Investing ist eine Strategie, die sich in erster Linie auf ESG-Scores stützt. Dabei handelt es sich um Indikatoren, die in Form einer Zahl oder einer anderen Variablen (z. B. A-F, AAA-BBB) angegeben werden. Meistens werden diese Scores von spezialisierten Drittagenturen berechnet und basieren auf den Umwelt-, Sozial- und Governance-Richtlinien und -Prozessen der Unternehmen - und darauf, wie viel davon sie öffentlich bekannt geben (d.h., ob das Unternehmen eine Umweltpolitik veröffentlicht hat).

Generell gilt: Je mehr ESG-Informationen ein Unternehmen öffentlich bekannt gibt, desto höher ist der ESG-Score, den es erreichen kann. ESG-Scores sind meist "geschäftsmodellunabhängig", was bedeutet, dass ein Waffenhersteller immer noch die höchstmögliche Punktzahl erreichen kann - auch wenn seine Auswirkungen aufgrund der Rolle seiner Produkte in der Gesellschaft negativ sind.

ESG-Scores sind meist "geschäftsmodellunabhängig", was bedeutet, dass ein Waffenhersteller immer noch die höchstmögliche Punktzahl erreichen kann.

Portfoliomanager:innen verwenden diese Scores in der Regel, um schnell zu beurteilen, wie gut ein Unternehmen geführt wird, da die Scores weitgehend richtlinienbasiert sind. ESG-Scores können in Unternehmensbewertungsmodelle einbezogen werden, um Fehlbewertungen oder Risiken zu identifizieren. Sie können auch für einfaches Benchmarking, vergleichende Analysen und Screening über Sektoren hinweg verwendet werden.

Best-in-Class- Verfahren

Typische ESG-Strategien wenden diese Scores auf wichtige Benchmarks/Indizes als Screening- und/oder Neugewichtungskriterien an, eine Methode, die als Best-in-Class bekannt ist. Diese Strategie wählt Unternehmen aus jedem Sektor aus, die die höchsten ESG-Bewertungen erhalten. Die Portfoliomanager:innen legen Schwellenwerte fest und lassen nur Unternehmen ins Portfolio, die ein bestimmtes Branchenranking erfüllen, oder sie gewichten die Portfoliopositionen gegenüber einem Index entsprechend dieser Bewertungen neu (Übergewichtung von Unternehmen mit hohen Punktzahlen, Untergewichtung von Unternehmen mit niedrigen Punktzahlen).

Die Best-in-Class-Methode hat sich zu einem nachhaltigen Standard-Investmentansatz entwickelt, da sie sich sehr gut an passive Investmentansätze (Stichwort ETF) anpasst. Wir betrachten Best-in-Class als einen „hellgrünen“ nachhaltigen Investmentansatz, da sich die daraus resultierenden Portfolios nicht wesentlich von Business-as-usual-Portfolios unterscheiden.

Bei der Bewertung einer Best-in-Class-Strategie ist es wichtig zu fragen: "Was ist die Ranking-Schwelle und warum wurde diese gewählt?". Portfolios, die die „nachhaltigsten“ 50% des Sektors zulassen, unterscheiden sich deutlich von solchen, die nur die besten 10% zulassen.

Ethische und negative Ausschlüsse

Seit Jahrhunderten schließen Menschen Unternehmen aus ethischen Gründen aus. Im modernen Anlagemanagement schließen Portfoliomanagerinnen und Manager Unternehmen aus, die in Aktivitäten verwickelt sind, die als unethisch gelten oder gegen internationale Konventionen oder Vereinbarungen verstoßen.

Die Ausschlüsse variieren stark je nach Investmentgesellschaft, obwohl einige der am häufigsten ausgeschlossenen Produkte und Praktiken Alkohol, Tabak, Pornografie, Waffen, Atomkraft, grobe Menschenrechtsverletzungen oder Unternehmen, die Geschäfte in oder mit sanktionierten Ländern eingehen, sind. Ausschlüsse können auf jeder ethischen Überlegung oder auf globalen oder regionalen Vereinbarungen wie dem UN Global Compact, den ILO-Standards oder dem Pariser Klimaabkommen basieren.

Wo Ausschlüsse interessanter werden, ist bei der Festlegung der Toleranz-/Akzeptanzgrenzen. Investor:innen legen Höchstwerte dafür fest. Die meisten Portfolios, die bestimmte Verhaltensweisen ausschließen, tolerieren, dass zwischen 5 und 15 % der Unternehmenseinnahmen aus solchen Aktivitäten stammen. Einige sind jedoch viel nachsichtiger und erlauben, dass manchmal bis zu 50 % oder mehr der Unternehmenseinnahmen aus den "ausgeschlossenen" Aktivitäten stammen.

Portfoliomanager:innen müssen auch überlegen, wie weit oben oder unten in der Wertschöpfungskette sie Unternehmen auf Ausschlüsse prüfen wollen. Einige untersuchen nur die direkten Umsätze oder direkten Aktivitäten in den Unternehmen, während andere ihren Rahmen erweitern, um das Unternehmen auch auf die ausgeschlossenen Aktivitäten in seiner Lieferkette oder bei der Verwendung seiner Produkte zu bewerten.

Ausschlüsse auf Basis des Umsatzes

Ein Beispiel von Triodos Investment Management (Triodos IM): Im Jahr 2019 fusionierte Waste Management, ein Unternehmen, das zuvor im Portfolio der Triodos Impact Equities and Bonds Fonds gehalten wurde, mit Advanced Disposal, einem wichtigen Wettbewerber im Bereich der Abfallwirtschaft. Dieses Unternehmen betreibt eine Spezialeinheit für Öl- und Gasabfälle. Obwohl Advanced Disposal kein Öl und Gas fördert oder verkauft und dieser spezielle Geschäftsbereich nicht zu den Kernkompetenzen der beiden fusionierten Unternehmen gehört, bringt er doch genügend Umsatz ein, um das neu fusionierte Unternehmen über den maximalen prozentualen Umsatzschwellenwert für Aktivitäten im Öl- und Gassektor zu bringen.

Ausschlüsse mit speziellen Ausnahmen

Das Nordic Swan Ecolabel, ein renommiertes Siegel für nachhaltige Geldanlage, erfordert den Ausschluss von Unternehmen, die mehr als 5 % der Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor erzielen. Stromerzeuger müssen weniger als 5 % ihres Stroms aus nicht-erneuerbaren Quellen erzeugen lassen, es sei denn, das Unternehmen erfüllt alle der folgenden Punkte:

  • Mindestens 75% der Investitionen des Unternehmens im Energiesektor (tatsächlich oder zugesagt und budgetiert) in neue Kapazitäten, im Durchschnitt von drei aufeinanderfolgenden Jahren, entfallen auf den Bereich der erneuerbaren Energien.
  • Die Einnahmen aus erneuerbaren Energien machen mindestens 50 % der Gesamteinnahmen des Unternehmens aus der Stromerzeugung aus oder mindestens 50 % der Energieerzeugungskapazität des Unternehmens basieren auf erneuerbaren Quellen.
  • Neue Investitionen flossen in den letzten zwei Jahren in Lösungen für erneuerbare Energien. Diese Ausnahme soll Unternehmen unterstützen, die das Geschäftsmodell tatsächlich umstellen, aber es gibt nur eine Handvoll Unternehmen auf der Welt mit diesem Profil.

Darüber hinaus gibt es insgesamt nur sehr wenige Unternehmen, die sich für diese Ausnahmen qualifizieren würden.

Ausschlüsse basierend auf Praktiken und Richtlinien

Triodos IM schließt zum Beispiel Unternehmen aus, die Tierversuche für kosmetische Zwecke - oder außerhalb rein medizinischer Anwendungen - einsetzen. Bei Unternehmen, die in der Entwicklung von Medikamenten tätig sind, ist dies unter strengen Kriterien erlaubt. In diesem Fall müssten unsere Analystinnen und Analysten eine strenge Bewertung der Richtlinien durchführen und wahrscheinlich auch direkt mit dem Unternehmen sprechen, um zu bestätigen, dass seine Richtlinien effektiv umgesetzt werden.

Positive Kriteriensuche/ Impact Investing

Impact Investing ist eine Liga für sich. Diese nachhaltige Anlagestrategie gilt als „dunkelgrün“, weil sie explizit auf positive ökologische und soziale Ergebnisse abzielt, während sie gleichzeitig eine marktübliche finanzielle Rendite anstrebt.

Sie verfolgt einen sehr zielgerichteten Ansatz und verlangt von den Investmentteams eine klare Vision, welche Art von Veränderungen sie durch ihre Investitionstätigkeit in der Gesellschaft bewirken wollen. Impact-Ergebnisse und finanzielle Renditen sind nicht zufällig, denn jede Investition muss einen Prüfprozess durchlaufen, um die Fähigkeit des jeweiligen Projekts oder Unternehmens zu bewerten, die definierten Impact-Ergebnisse zu erreichen.

Ein weiteres Schlüsselelement von Impact Investing ist ein formaler Prozess zur Messung und Überwachung der Auswirkungen von Investitionen, um zu beurteilen, ob sie auf dem richtigen Weg sind, ihre ökologischen und sozialen Ziele zu erreichen. Die Ergebnisse der Erfolgskontrolle und der Messungen fließen dann wieder in die ursprüngliche Zielsetzung ein, um die Portfolioziele für die Zukunft zu verfeinern. Die zirkuläre Rückkopplungsschleife zur effektiven Kontrolle und Steuerung von Investitionen im Hinblick auf optimale ökologische und soziale Ergebnisse wird als Wirkungsmanagement bezeichnet und häufig nach dem Modell der Theory of Change organisiert.

Positive Inclusion

Die Triodos Impact Equity und Bond Fonds gehen über die traditionellen ESG- und Ausschlussansätze hinaus und wenden die Kernmerkmale des Impact Investing auf die öffentlichen Märkte an. Die konzentrierten, hochaktiven Aktienportfolios werden bottom-up mit Unternehmen aufgebaut, die erfolgreiche kommerzielle Lösungen für dringende globale Nachhaltigkeitsprobleme demonstrieren. Die Strategie zielt darauf ab, in Unternehmen zu investieren, deren Geschäftsmodelle aktiv zur Verbesserung in folgenden gesellschaftlichen Bereichen führen: Nachhaltige Ernährung & Landwirtschaft, erneuerbare Ressourcen, Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Mobilität & Infrastruktur, Wohlstand & Gesundheit der Menschen, soziale Inklusion & Empowerment sowie Innovation für Nachhaltigkeit.