Wir haben gerade einen wichtigen Moment für unsere gemeinsame Zukunft erlebt: die Europawahl 2024, die zehnte Direktwahl zum Europäischen Parlament, die in Deutschland am 9. Juli stattfand . Brüssel kann sich in unserem täglichen Leben weit weg anfühlen. Tatsächlich sind jedoch viele der Dinge, die wir schätzen, das Ergebnis des demokratischen Prozesses in der Europäischen Union. Beispiele dafür sind offene Grenzen zwischen den EU-Ländern, die Zusammenarbeit bei der Sicherheit, Klimazielen und -politik, Bestimmungen zur Lebensmittelsicherheit, der Euro oder der Schutz der Arbeitnehmerrechte.
Die europäische Zusammenarbeit hat uns weit gebracht. Wenn auch nicht immer alles ganz reibungslos und zur Zufriedenheit aller gelingt, brauchen wir die europäische Zusammenarbeit dennoch auch in der Zukunft. Aus diesem Grund arbeitet die Triodos Bank aktiv mit politischen Entscheidungsträgern in Europa und der Europäischen Union zusammen und möchte das Finanzwesen zum Besseren zu verändern.
Carlijn Kamp, Teamleiterin Impact and Advocacy erklärt, wie die Triodos Bank sich aktiv für einen Wandel einsetzt und ihren Einfluss auf Entscheidungsträger geltend macht.
Warum ist die Triodos Bank in der EU-Politik aktiv? Und wofür setzt sich die Triodos Bank ein?
Carlijn: Die Triodos Bank will den Wandel finanzieren und das Finanzwesen verändern. Wie wir das Finanzsystem organisieren und wie das Finanzwesen die Gesellschaft unterstützt, wird zu einem großen Teil in der Europäischen Union entschieden. Dies betrifft auch Regeln für Banken und Anlageprodukte sowie die (Nachhaltigkeits-)Berichterstattung. Politische Entscheidungen der Europäischen Union definieren die Art von Materialien und Produkten, die wir auf dem europäischen Markt haben. Wenn wir also das Finanzwesen verändern wollen, müssen wir uns dort einsetzen, wo Regeln und Vorschriften erlassen werden.
Was wir wollen, ist ein Finanzsektor, der transparent, vielfältig und nachhaltig ist und Geld für positive Veränderungen arbeiten lässt. Wir glauben, dass der Finanzsektor ein prägender Faktor unserer Gesellschaft ist und der Realwirtschaft dienen sollte. Er spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung einer widerstandsfähigen, nachhaltigen und gerechten Wirtschaft, die wir anstreben.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie wir uns für Veränderungen auf Ebene der Europäischen Union einsetzen. Wir unterbreiten konkrete Vorschläge, wenn Rechtsvorschriften erlassen oder überarbeitet werden, z. B. unsere Vorschläge zur Verbesserung der Richtlinie über die Berichterstattung über nachhaltige Finanzdienstleistungen. Wir reichen unsere eigenen Antworten auf Konsultationen ein und tauschen uns mit politischen Entscheidungsträgern und Politikern aus. Wir arbeiten auch mit anderen Unternehmen oder Organisationen zusammen. So fordern wir beispielsweise den belgischen EU-Ratsvorsitz auf, das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur umzusetzen, und fordern einen Rahmen für soziale Investitionen, um die Finanzierung sozialer Initiativen zu fördern.
Was zeichnet die Advocacy-Arbeit der Triodos Bank aus?
Wenn wir Stellung beziehen oder einen Standpunkt vertreten, dann wollen wir damit zu einem transparenten, vielfältigen und nachhaltigen Finanzsektor beitragen. Es geht uns nicht nur darum, was der Triodos Bank nützen würde. Wir glauben, dass die langfristige Lebensfähigkeit der Bank auf einem ausgewogenen Mehrwert für Mensch, Planeten und Wohlstand basiert. Wir stecken unsere Energie in die Themen, in denen wir uns von anderen im Finanzsektor unterscheiden und wo wir unsere einzigartige Perspektive als wertebasierte Bank und Impact Investor einbringen können. Es ist von größter Bedeutung, dass die politischen Entscheidungsträger möglichst viele verschiedene Standpunkte von unterschiedlichen Interessengruppen kennenlernen.
Was haben wir bisher erreicht? Und was ist gescheitert?
Die Erfolge auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Welt sind das Werk vieler Menschen und Organisationen, die sich für unterschiedliche Anliegen einsetzen. Das ist auch der Grund, warum wir versuchen, wo immer möglich zusammenzuarbeiten und unsere Kräfte mit gleichgesinnten Organisationen zu bündeln, manchmal auch über unerwartete Kooperationen.
Wir haben die Einführung von langfristigeren Risikobewertungen in den Bankenrichtlinien unterstützt. Wir haben dazu beigetragen, finanzierte Emissionen als Teil der obligatorischen Berichterstattung einzuführen. Wir haben mit unserer Erfahrung als Impact Investor zu den Regeln für die nachhaltige Offenlegung von Anlageprodukten beigetragen. In jüngster Zeit haben wir viel Energie darauf verwendet, die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes zu unterstützen. Wir nutzten unser Netzwerk, um Informationen darüber zu sammeln und weiterzugeben, welche Gründe die deutsche Regierung davon abhielten, für die Richtlinie zu stimmen. So viele Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen drängten auf die Verabschiedung dieser Richtlinie, dass am Ende all ihre Bemühungen (und unsere) zum Erfolg der Richtlinie beitrugen.
Unser Plädoyer, zusammen mit vielen anderen, den Finanzsektor in die Entwaldungsverordnung einzubeziehen, ist leider nicht erfolgreich gewesen. Dennoch wurde vereinbart, dass die Einbeziehung des Finanzsektors spätestens zwei Jahre nach der Umsetzung neu bewertet werden muss. Darüber hinaus waren wir sehr enttäuscht, dass Gas und Kernenergie in die Taxonomie, die definiert was als grüne Investition gilt, aufgenommen wurden. Wir werden uns auch weiterhin für mehr Transparenz bei schädlichen Finanzen einsetzen.
Was ist unser Wunsch und unsere Hoffnung für die kommenden Europawahlen?
Zunächst einmal hoffen wir, dass alle wählen gehen. Das Wahlrecht sollte niemals als selbstverständlich angesehen werden. Wir bauen die Europäische Union und unsere Demokratie gemeinsam auf, auch wenn wir uns nicht einig sind.
Wir stehen vor Krisen auf globaler Ebene, die sich nur noch zu vertiefen scheinen. Von Krieg, wachsender Ungleichheit, Biodiversität bis hin zum Klimawandel. Wir brauchen die EU mehr denn je, um zusammenzuarbeiten und den Übergang zu beschleunigen. Diesen finanzieren wir als Triodos Bank Tag für Tag, um zu einem sauberen Energiesystem, einem naturbasierten Lebensmittelsystem und einer gerechten und florierenden Gesellschaft für alle zu gelangen. Wir hoffen, dass die Menschen Parteien wählen, die die Rechte von Mensch und Natur jetzt und in Zukunft gewährleisten und nicht nur dem Reichtum einiger weniger stützen. (Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde vor der Europawahl aufgezeichnet.)
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