Die Emscher war einst ein Symbol für Umweltbelastung und industrielle Vergangenheit. Heute zeigt ihre Renaturierung, wie naturbasierte Lösungen Regionen nachhaltig verändern. Das Projekt verbindet Klimaschutz, Artenvielfalt und Lebensqualität – und inspiriert weltweit.
Die Renaturierung der Emscher ist ein positiver Treiber für den Strukturwandel und bringt wichtige Natur- und Erholungsräume in eine Region, die einst von Bergbau und Schwerindustrie geprägt war. Das Projekt trägt zur Anpassung an den Klimawandel bei, unterstützt den Erhalt der Artenvielfalt und kommt dem menschlichen Wohlergehen zugute. Ein gutes Beispiel für eine naturbasierte Lösung, ein breites öffentliches Engagement und die Zusammenarbeit mit mehreren Interessengruppen tragen zum Erfolg bei.
Die Emscher, die durch das dicht besiedelte Ruhrgebiet fließt, wurde lange Zeit als offene Kanalisation genutzt. Das hatte verheerende Auswirkungen auf das Landschaftsbild. Die Artenvielfalt der Flüsse ging stark zurück, viele Arten verschwanden vollständig. Der Fluss verwandelte sich in eine menschengemachte Kanalisation. Die Emscher verlor auch ihre natürliche Fähigkeit, Regenwasser zurückzuhalten, was zu regelmäßigen Überschwemmungen führte. Das auf 30 Jahre angelegte Projekt (1990-2020), das von der Emschergenossenschaft gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG entwickelt und umgesetzt wird, ist das größte seiner Art in der EU. Seit Beginn des Projekts wurden mehrere Meilensteine erreicht.
Die Emschergenossenschaft Lippeverband (EGLV)
Der EGLV hat das Projekt Emscher Generation umgesetzt. Die 1899 bzw. 1926 gegründete Emschergenossenschaft und der Lippeverband arbeiteten von Anfang an eng zusammen und arbeiten unter einem Dach einer gemeinsamen Organisationsstruktur. Der EGLV war der erste deutsche Wasserwirtschaftsverband in Form einer Genossenschaft. Die Gemeinden entlang der Emscher haben die Emschergenossenschaft mitgegründet und sind seitdem Mitglieder. Viele der Industriebetriebe in der Umgebung sind auch Mitglieder der Genossenschaft, die für sie Abwasser aufbereitet.
Seit 125 Jahren ist die Emschergenossenschaft für alle Belange rund um die Emscher und ihre Nebenflüsse zuständig. Dazu gehören die Gewässerinstandhaltung, der Hochwasserschutz, die Abwasserentsorgung, die Regen- und Grundwasserbewirtschaftung, die Renaturierung der Emscher sowie die Generalplanung, Beratung und Umsetzung aller für den Emscher-Umbau erforderlichen Maßnahmen.
Zu den wichtigsten Erkenntnissen aus dem Projekt gehören:
- Wassermanagement ist ein Treiber der ökologischen und sozialen Transformation: Es ist notwendig, nachhaltig und langfristig zu denken und zu handeln, um das bestmögliche Ergebnis bei der Anpassung an den Klimawandel zu erzielen.
- Öffentliche Wasserwirtschaft in einer Genossenschaft: Eine breite Beteiligung von Kommunen, Bürgern, Politikern und NGOs, ohne Gewinnorientierung, steigert den Projekterfolg und die Anpassungserfolge.
- Naturbasierte Lösungen (Renaturierung von Gewässern und Auen, naturnahe Retentionsflächen) tragen maßgeblich zur Kohlenstoffbindung und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels bei. Zusätzliche ökologische Infrastruktur schafft Mehrwert für Leben, Wohnen und Arbeiten.
Naturbasierte Lösungen mit greifbaren Ergebnissen
Die Renaturierung der Emscher erwies sich als positiver Treiber für den Strukturwandel und brachte wichtige Natur- und Erholungsräume in eine Region, die einst von Bergbau und Schwerindustrie geprägt war. Das Projekt diente als Blaupause für ähnliche Projekte in Asien, Afrika, Lateinamerika und den USA.
Die von der Emschergenossenschaft entwickelten Maßnahmen begünstigen natürlichere und klimaresilientere Flussverläufe und vergrößern das Flussgebiet durch die Renaturierung von Auen und den Bau naturnaher Feuchtgebiete und Retentionsbecken. Zu den Maßnahmen gehört auch der Bau von städtischen Seen, um das städtische Mikroklima zu verbessern und gleichzeitig Freizeit- und Erholungsgebiete zu schaffen. Die Entsiegelung städtischer Flächen verbesserte den städtischen Wasserkreislauf, sowie die Versickerung von Regenwasser und reduzierte die Hitze in der Stadt. Weitere Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel sind die Sammlung von Regenwasser und dessen Ableitung in Gewässer, sowie das Begrünen von Dächern und Fassaden. Die Verwendung von organischen Materialien zum Mähen von Wiesen, wie z. B. Kompost, Bodendünger oder Pflanzenkohle, trägt zur Bodengesundheit bei und unterstützt den Ansatz der Kreislaufwirtschaft, um die Umweltbelastung zu reduzieren.
Das Projekt brachte beeindruckende Ergebnisse, darunter 170 km renaturierte Flüsse (von geplanten 326 km), eine Erhöhung der Anzahl der für das menschliche Auge sichtbaren Wirbellosenarten von 170 auf 300 (Flussgebietsebene), 322 ha neue, naturnahe Hochwasserrückhalteflächen (von geplanten 330 ha) und eine Erhöhung von 38 auf 147 Vogelarten in den neuen naturnahen Hochwasserrückhaltezonen.
Finanzierung
Die Gesamtinvestition für das Projekt (einschließlich des Baus von vier Kläranlagen) belief sich auf 5,5 Mrd. EUR. 80 % dieses Betrags wurden mit Abwassergebühren finanziert, und 20 % des Sanierungsprojekts wurden aus EU-, Bundes- und Landesmitteln sowie anderen privaten Finanzierungsquellen gedeckt.
Teil dieser privaten Finanzierung sind die Erlöse aus einer grünen Anleihe, die von der NRW.Bank, einer regionalen deutschen Entwicklungsbank, bereitgestellt wurde.
Das NRW.BANK Green Bond Framework
Zur Finanzierung naturbasierter Lösungen und anderer Umweltprojekte hat die NRW.BANK seit 2019 ein starkes Rahmenwerk für grüne Anleihen etabliert und dieses zuletzt im Jahr 2024 aktualisiert. Potentielle Projekte, die über dieses Framework (re)finanziert werden können, fokussieren auf Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel.
Das Framework enthält eine breite Palette förderfähiger Projektkategorien: erneuerbare Energien; sauberer Transport; Wohn- und öffentliche grüne Gebäude; Erhaltung der aquatischen Artenvielfalt und Anpassung an den Klimawandel; nachhaltige Wasserwirtschaft; Energieeffizienz; Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung; nachhaltige Bewirtschaftung der Landnutzung und der lebenden natürlichen Ressourcen; und an die Kreislaufwirtschaft angepasste Produkte und Prozesse. Klimaanpassungsprojekte werden von +Green Bond Frameworks von Finanzinstituten in der Regel nicht angeboten und sind daher besonders interessant.
Der Triodos Euro Bond Impact Fund investiert in den NRW.BANK Green Bond #2-2019 mit Fälligkeit im Jahr 2029. Neben der Renaturierung der Emscher (16% des gesamten Anleiheerlöses) lassen sich weitere finanzierte Projekte in andere Kategorien einteilen, wie z. B. Energieeffizienz, Onshore-Wind- und Solarenergie sowie sauberer Verkehr. Die durch diese Anleihe finanzierten Energieprojekte führen über die Laufzeit von 10 Jahren zu vermiedenen Treibhausgasemissionen von 1,3 Mio. Tonnen CO2 -Äquivalenten. Der deutsche Klimaschutzplan sieht Einsparungen von 226 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten vor, und die Einsparungen durch Projekte im Asset Pool entsprechen etwa 0,6 % des gesamten deutschen Emissionsziels für diesen Zeitraum.
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